Die Qualität des verwendeten Dachreets

Ein weiteres Kriterium für die Haltbarkeit eines Reetdaches ist die Qualität des verwendeten Reets. Bei der Auswahl des Dachreets ist der Bauherr in erster Linie auf die Kompetenz des Reetdachdeckers angewiesen, der einen Kompromiss zwischen Ästhetik, Verarbeitbarkeit und Haltbarkeit finden muss. Der Rahmen, in dem dieser Kompromiss stattfindet, wird zum einen von der am Markt (und somit vom Reethändler) erhältlichen Ware, zum anderen von den finanziellen Möglichkeiten der Bauherren begrenzt. Allerdings nützt das beste Dachreet nichts, wenn durch bauphysikalische Fehler die Bedingungen für eine lange Haltbarkeit negativ beeinflusst werden.

Anforderungen an Dachreet

Die Anforderungen an Dachreet sind in dem Produktdatenblatt Reet des Deutschen Dachdeckerhandwerks festgehalten: Im Allgemeinen sollte Dachreet guter Qualität frei von Gras, Alt- und Krummrohr sowie sonstiger Beimengungen sein. Das Dachreet sollte zudem hart und leicht biegsam sein. Die Reethalme sollten bei der Ernte abgestorben sein und zwischen dem ersten und dritten Wachstumswirbel geschnitten werden. Reethalme lassen sich in kurzes, mittellanges und langes Reet einteilen. Die Durchmesser von Reethalmen sollten zwischen 6 mm und 12 mm liegen. Ein Reetbund guter Qualität läuft konisch zu. Reetbunde müssen trocken aufbereitet, gepackt, gelagert und verarbeitet werden. Die Einbaufeuchte eines Reetbundes ist mit der Einbaufeuchte von Bauholz vergleichbar und sollte bei maximal 20% Holzfeuchte liegen. Witterungsbedingt können die äußeren Reetbunde eines Paketes kurzfristig eine höhere Feuchtigkeit aufweisen, die im Normalfall jedoch schnell abtrocknet. Die Reetbunde im Inneren eines Pakets sollten jedoch trocken sein.

Qualitätskriterien

Die Qualität von Schilf wird durch zahlreiche Einflüsse bestimmt. Schilf ist ein reines Naturprodukt, d.h. ähnlich dem Weinanbau variiert seine Qualität je nach Ernte, Wetter und Qualität des Untergrundes und Qualität des Wassers etc. Es gibt keine objektive Methode, um die Qualität und damit die potentielle Lebensdauer einer Reetsorte zu bestimmen. Der Reetdecker ist bei der Beurteilung seines Grundstoffes abhängig von seinen Erfahrungen. Die Auswahl des Reets passend zum Dach erfordert die Abstimmung aller Beteiligten. Meistens wird sich die Dauerhaftigkeit des Reets jedoch erst viel später im verarbeiteten Zustand auf dem Reetdach zeigen.

Im Folgenden sind die wichtigsten Einflüsse auf die Qualität von Schilf zusammengefasst:

Der Preis des Dachreets
Gibt der Bauherr dem Reetdachdecker einen engen finanziellen Rahmen vor, dann wird der Reetdachdecker dies bei der Auswahl des Reets berücksichtigen müssen. Auch auf dem Markt für Dachreet gilt: Qualitativ hochwertige Ware hat einen höheren Preis als Durchschnittsware. Der Zeitpunkt der Dachdeckung
Die Reeternte findet von Dezember bis März statt. Deshalb verfügt das angebotene Reet nicht das ganze Jahr über die gleiche Qualität. Im Oktober, November und Dezember gibt es in schlechten Erntejahren bedeutend weniger Auswahl als in den restlichen Monaten. Durch die begrenzte Menge des am Markt vorhandenen Dachreets nimmt die Qualität erfahrungsgemäß zum Ende des Jahres ab. Es gibt deshalb Reetdecker, die rechtzeitig Reet einkaufen und einlagern, um zum Jahresende über genügend hochqualitatives Reet verfügen zu können. Selbstverständlich wirkt sich diese Lagerung auf den Quadratmeterpreis aus. Wird ein Reetdachhaus im Winter eingedeckt, wird die Feuchtigkeit des Reets witterungsbedingt höher sein als im Hochsommer. Dies lässt sich durch eine fachgerechte Lagerung jedoch umgehen. Die Herkunft des Dachreets
Je nach Herkunftsregion weist Schilf unterschiedliche chemische und physische Eigenschaften auf. Bei den seit Jahren auf dem Markt befindlichen Reetsorten gibt es keine Sorte, die von sich aus zu einer starken vorzeitigen Alterung des Reetdaches führt. Die frühe Alterung eines Reetdaches lässt sich nicht auf das Herkunftsland zurückführen, sondern ist immer mit weiteren Problemen wie bauphysikalischen Fehlern (z.B. Warmdach ohne Dampfsperre) oder fahrlässigem Umgang mit dem Material verbunden. Unter den richtigen Rahmenbedingungen beträgt die natürliche Abnutzungszeit je nach Reetsorte zwischen 25-40 Jahre. Die chemische Zusammensetzung des Dachreets
Das widerstandsfähigste Reet wächst auf sandigem, nährstoffarmem Boden. Darüber hinaus kommt der Pflanze ein kontinentales Klima mit heißen Sommern und einer Unterbrechung der Vegetation durch starken Frost zugute (vgl. Rodewald Rodescu: Das Schilfrohr). Es wird davon ausgegangen, dass ein hoher Silikatgehalt und ein niedriger Stickstoffgehalt sich positiv auf die Haltbarkeit auswirken. Wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung von Schilf und seiner Haltbarkeit sind in den Niederlanden und Deutschland im Gange. Die Struktur und Zusammensetzung des Dachreets
Die Stärke der einzelnen Reethalme hat einen Einfluss auf dessen Dampfdiffusionsdurchlässigkeit. Je dicker die Reethalme, desto diffusionsoffener ist das Dach, je feiner die Halme, desto dichter ist das Dach, auch im feuchten Zustand. Ein Reetdach mit einem hohen Anteil an grobem Reet ist daher grundsätzlich haltbarer als ein Reetdach mit einem hohen Anteil an sehr feinem Reet. Hier herrscht ein Zielkonflikt zwischen dem Zeitgeist, der aus ästhetischen Gründen eine feine, samtartige Oberfläche des Daches fordert, und der Langlebigkeit. Bei guten bauphysikalischen Bedingungen hat jedoch auch feines Reet eine hohe Lebenserwartung.