Aufbau der Pflanze

Ä = Ähre
ÜH = Überwasserhalm
B = Blatt
AV = Adventivwurzel
UH = Unterwasserhalm
S = Spross
R = Rhizom Die Pflanze besteht aus einen Rhizom (Wurzelgeflecht), dem Unterwasserhalm und dem Überwasserhalm.

Das Rhizom

Schilf verfügt über einen reich verzweigten unterirdischen Sprossteil, das Rhizom. Das Rhizom dient der Befestigung der Schilfpflanze im Untergrund und nimmt das Bodenwasser mit den darin gelösten Nährsalzen auf. Es ist daher im Wesentlichen für das Wachstum des Schilfrohres verantwortlich. Das Wachstum hängt dabei von den Nährstoffreserven des Rhizoms ab. Die jungen Sprossen wachsen im Winter bis zur Eisdecke und stellen dort ihr Wachstum ein. Sie wachsen erst weiter, wenn das Eis wieder geschmolzen ist. Bis zum Durchstoßen der Wasserschicht muss das Rhizom die Jungsprossen mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen. Das Rhizom dient somit auch als Nährstofflager. Sobald die Wasserschicht durchstoßen ist, versorgen die ersten Luftblätter das Rhizom wieder mit Nähr- und Sauerstoff. Da sich Rhizome oft in einem sauerstoffarmen Boden befinden, wird O2 von den Wasser- und Luftblättern des Halmes bis in die tiefsten Rhizomenverzweigungen transportiert. Überschüssiger Sauerstoff wird durch die Wurzelspitzen abgegeben, dies zieht eine Symbiose mit in der Erde angelagerten Bakterien nach sich. Die Bakterien benutzen den Sauerstoff, um zusammengesetzte Nährstoffe zu lösen, das Rhizom nimmt die gelösten Nährstoffe wieder auf. So kann Schilf auch bei schlechten hydrologischen Bedingungen eine gewisse Zeit überbrücken. Die Verbreitung von Schilf kann auch durch abgebrochene Rhizome erfolgen, die an eine günstige Stelle getriebenen Rhizomstücke schlagen dann Wurzeln und entwickeln sich. Das Rhizom hat eine Lebensdauer von über drei Jahren, die ältesten Teile sterben dann ab und werden durch neu gebildete Rhizomsprossen ersetzt. 

Der Halm

Der Stängel ist durch Knoten, die nicht hervorstehen, in Internodien geteilt und wächst im Falle des in Deutschland ansässigen Schilfrohrs (Phragmites communis Trin) 1,25 – 4 m hoch. Die längsten Halme entwickeln sich im Irak (Phragmites australis), wo Längen über 8 m keine Seltenheit sind. Die Höhe und Dicke eines Stängels hängt sowohl von den Entwicklungsbedingungen, als auch von der Größe des Schilfrohrsprosses ab, der im Frühjahr oder später an der Erd- bzw. Wasseroberfläche erscheint. Je höher die Halme sind, desto weniger Schilfrohre wachsen auf einem m² Rhizom. Bei einer Höhe von 3 m beträgt die mittlere Zahl der Halme auf einem m² 20 – 40 Stück. Die Anzahl der Internodien ist von der Schilfrohrrasse und der Länge des Schilfrohrs abhängig, beträgt jedoch meist zwischen 15 – 25 Knoten. Der Halm ist gerade, zylindrisch geformt, hohl und besitzt axial eine leicht konische Form. Der Stängel hat eine glatte, glänzende Oberfläche und eine grüne bis gelblich-braune Farbe, die bei der Reife gelb wird. Bei Schilfhalmen, die ständig im Wasser stehen, bilden sich in den Internodien eine feste, stark verkieselte Wachshaut, welche die Zellwand von dem inneren Hohlraum wasserdicht abschließt.
Die äußere Schicht des Halmes, die Epidermis, besteht aus dickwandigen verholzten Zellen, die sich aus zwei Zonen zusammensetzt: Eine Zone aus mittelstarken, verholzten Zellen mit ziemlich dicken Wänden und eine Zone von Zellen kleineren Durchmessers mit dickeren Wänden. Das Grundgewebe zwischen diesem sclerosen Randgewebe und dem hohlen Zentrum des Halmes besteht aus Zellen mit einem größeren Durchmesser. Leitbündel des äußeren Kreises grenzen an den äußeren Bereich des scelorosen Ringes. Die Fasern laufen in den Internodien parallel, so dass die Rohre unbegrenzt spaltbar sind. 

Rinde

1= Epidermis (aus einer einzigen Reihe von Zellen gebildet)
2= subepidermales Sklerenchym (2-4 Reihen verdickte Sklerenchymzellen)
3= subepidermales Parenchym (1-8 Parechymzellreihen)
4= Aerenchym (Luftkanäle im Unterwasserhalm) Sklerenchymzellen sind fast immer abgestorbene Zelle mit verdickten Wänden und bestehen aus Cellulose und Lignin. Parenchymzellen sind durchweg lebende Zellen die Wasser und Nährstoffe (Zucker und Stärke) speichern.

Innen

5= äußere, aus Sklerenchymfasern bestehender Befestiungsring (4-12 Reihen Sklerenchymzellen)
6= Grundparenchym (12-25 Zellreihen)
7= äußere Leitbündel
8= innere Leitbündel
9= Phloem (lebende Siebzellen, die Röhren bilden und dem Transport von Photosyntheseprodukten dienen)
10= Xylem (Wasserleitung)
11= perifaszikuläres Sklerenchymgewebe
12= innerer sklerenchymatischer Festigungsring
13= inneres Parenchym

Unterwasserhalm

Der Unterwasserhalm geht vom Rhizomspross bis zur Wasseroberfläche. Er besitzt sog. Adventivwurzeln („Wasserblätter”). Adventivwurzeln wachsen aus den Knoten heraus und spielen in der Wasserversorgung des Schilfrohres eine wichtige Rolle. Durch Transpiration und den osmotischen Druck des Rhizoms wird die Wasserzirkulation angetrieben. An der Außenseite der Schutzhülle des Rhizoms bilden sich haarige Ausläufer, die Hydropoten („Wassertrinker”). Über die Hydropoten und Rhizomwurzeln wird Wasser, sowie die darin enthaltenen Nährsalze, in Ionenform aufgenommen und weitertransportiert. Die Adventivwurzeln können jedoch auch Sauerstoff aufnehmen und weitergeben.

Überwasserhalm

Der Überwasserhalm reicht von der Wasseroberfläche bis zum Ende des Schilfrohrs. Die Internodien des „Luftstängels” sind von Blattscheiden umgeben. Diese sind längsseitig gespalten, nur am Knoten befestigt und tragen an ihren Enden die Laubblätter. Die Blätter können sich durch ihre Befestigung an der Blattscheide leicht nach der Windrichtung ausrichten, so dass ein geringerer Windwiderstand erwirkt wird. Die Luftblätter werden durch die Adventivwurzeln und dem Rhizom mit ionenreichem Wasser versorgt und ermöglichen den Gaswechsel, Transpiration und die Photosynthese. Bei der Photosynthese wird in den Blättern Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt. Der Wasserstoff wird mit dem Kohlendioxid der Luft zu Glucose (Traubenzucker) zusammengesetzt, der Sauerstoff wird an die Atmosphäre abgegeben. Bei der Photosynthese im Schilf bildet sich aus dem ionenreichen Wasser zusätzlich Zucker, Hemizellulose und Öle (z.B. Senevol).

Die Rispe

Die Rispe (Ähre) des Schilfs besteht aus vielen gestielten Ährchen, die wiederum die Blüten tragen. Eine Rispe kann zwischen 9 cm und 65 cm Länge erreichen. Reet ist eine hermaphrodite Pflanze, d.h. es entwickeln sich sowohl männliche als auch weibliche Blüten. 

Die Frucht

Die Frucht des Schilfs ist eine Nussfrucht (Karyopse), die von Fruchthüllen umgeben ist, an deren Ende lange Schwimmhaare wachsen. Durch die Schwimmhaare kann ein Samen bis zu einigen Monaten an der Wasseroberfläche schwimmen, bis er an einer günstigen Stelle keimen kann. Unter den Fruchthüllen befindet sich der Samen, der sehr an ein Weizenkorn erinnert.
Entwicklung, Verbreitung und Vermehrung Für die Entwicklung und Verbreitung von Reet gibt es zwei Möglichkeiten, die Entwicklung aus Samen und die vegetative Vermehrung durch Ausbreitung des Rhizoms. Die Entwicklung aus dem Samen Das Schütteln der Ähre durch den Wind lässt die Karyopse in das Wasser fallen. Dort schwimmt sie an der Oberfläche, bis sie an einer günstigen Stelle keimt und Wurzeln bildet, die sich in 2-3 mm tiefem Wasser verankern. Nach einigen Tagen (5-6) entwickelt sich aus dem Spross das erste Laubblatt. Die Pflanze ist nun unabhängig von den Reservestoffen des Samens und entwickelt 2 bis 4 Primärblätter. Nach 3 Monaten hat die Pflanze bereits eine Höhe von 20-40 cm erreicht. Nach der Bildung von 4-6 Blättern entwickeln sich an der Basis des Primärsprosses bereits Seitentriebe. Die Seitentriebe wachsen in einem nach oben gekrümmten Bogen und werden zu Seitensprossen, der Hauptspross wird mit der Zeit zu einem Rhizom. Das Hauptrhizomteil wächst senkrecht nach unten und bekommt lange Adventivwurzeln, die anderen Rhizomteile entwickeln sich halbkreisförmig und bilden wiederum neue Sprossen. Bis zum Herbst eines Jahres kann so ein 12 –14 Teile großes Rhizombüschel von 50-70 cm Länge und 3 mm Stärke entstehen, die entstandenen Halme werden 25-70 cm hoch. Im Winter wachsen die Rhizome unter der Eisschicht mit Hilfe der von den Blättern erzeugten und in dem Rhizom gespeicherten Nährstoffe (Zucker und Stärke). Im zweiten Jahr des Wachstums, in dem sich das Sympodium weiter ausbreitet, wächst ein Hauptrhizomteil in die Tiefe und bildet neue Rhizomteile, die gegen die Oberfläche wachsen und Halmknospen mit neuen Halmen bilden, die bis zu 2 m hoch werden können. Im dritten Jahr blühen bereits einige der Halme. Im vierten Jahr hat das aus dem Samen entstandene Sympodium bereits einen Durchmesser von 8-10 m und besteht aus 400-1000 Halmen. Das Rhizom dringt im Laufe der Jahre immer weiter in den Boden ein, um eine Verbindung zum Grundwasser herzustellen. Je trockener das Gebiet in dem das Schilf wächst, desto tiefer wächst das Rhizom in den Boden (bis zu 5 m). Je feuchter das Gebiet, in dem das Schilf wächst, desto stärker wächst das Rhizom in die Breite. Die Vermehrung durch den Samen ist sehr selten, da der gekeimte Samen bei der geringsten Wassererhöhung aus dem Boden gerissen wird. Dem Schilfrohr ist bei einer ständigen Wassertiefe von 2-2,5 m eine Wachstumsgrenze gesetzt, weil die Sprossen, die im Frühjahr an der Oberfläche erscheinen, mit Hilfe der Reservestoffe des Rhizomes nicht durch diese Wasserschicht getrieben werden können und zugrunde gehen. Größere Wassertiefen kann das Schilfrohr nur durch Bildung eines schwimmenden Schilfrohrteppichs, des sogenannten Plaurs, erobern. Entwicklung aus dem Rhizom Die Entwicklung und Verbreitung des Schilfrohres erfolgt überwiegend auf dem vegetativen Weg. Die Rhizomausläufer bilden das ganze Jahr über Knospen, aus denen neue Sprosse wachsen, welche die Rhizome dann durch Photosynthese mit Reservestoffen bereichern. Dies geschieht das ganze Jahr über, mit größerer Intensität jedoch im Herbst und im Winter. Schilf verbreitet sich zudem durch Abschwemmen von ausgewachsenen und abgebrochenen Rhizomstücken. Die Sprossen können mit einer Geschwindigkeit von 3 bis 12 cm täglich durch das Wasser wachsen. Normalerweise wächst das Schilfrohr sehr schnell und hat in 4-5 Monaten fast seine endgültige Höhe erreicht. Je weniger Halme pro m² aufwachsen, umso größer und schwerer werden sie. Hauptsächlich wächst das Reet jedoch in den Monaten April bis Juli (in Europa). Hat der Halm seine größte Höhe erreicht, lässt sich bis zum Abfallen der Blätter ein Schrumpfen der Halmwände zum Inneren hin beobachten. Dies ist auf das Ausreifen der Sklerenchymfasern und auf die Zunahme der Zellulosemenge zurückzuführen. Ein Schilfrohrmassiv kann sich unter idealen Bedingungen (2 m tiefes, ruhiges Wasser, unter 0,2 m/min. Strömungsgeschwindigkeit, kein Wellenschlag, mineralstoffreicher Boden) bis zu 30 % jährlich vergrößern.